Markenschutz für Deutschland-Griechenland-Witze
Nach einem deutschen Sieg:
Darauf einen Ouzo!
Und jetzt nehmen wir euch auch noch DEN Euro weg!
Nach HauseGRIECHEN (heute schon im Netz gesehen)
Auf der GRIECHspur heim
Akropolis, adieu!
Zum Trainer
Der erste Portugiese unter dem Rettungsfallschirm
Bei einer Niederlage der Deutschen
Jetzt auch noch DIE Euro kaputtmachen
Ein Tor, wer Böses dabei denkt, reicht auch
Auf Hellas und Pfennig wird abgerechnet
Kleine Verbesserung am Videotext/Teletext der ARD: mehr Farbe
So eine Livetabelle ist ja gut. Aber kleiner Usability-Hinweis: Sachen, die miteinander in Beziehung stehen, sollten dem gleichen Gestaltungsmuster folgen. Live-Ergebnis ist lila, also sollte die Live-Tabelle auch lila sein.
Sie ist aber einfach nur weiß. Da muss man als User mehrfach hinschauen, um zu wissen, ob die jetzt auch ständig aktualisiert wird.
Und wann heißt es eigentlich Videotext und wann Teletext? Das kapiert doch kein Mensch.
Korrespondenten-Singsang
Warum weiß ich nicht mehr, um was es geht? Ein Grund: Die wenigsten Zuschauer wissen eine Viertelstunde später nicht mehr, was in der Tagesschau an Themen lief. Aber der Grund, auf den ich hinauswill: Bei dem Singsang der US-Korrespondenten im deutschen Fernsehen bleibt kaum etwas vom Gesagten hängen.
Es klingt ein bisschen was vom Formatradio und den Gute-Laune-in-tierischer-Frühe-Stimmen aus dem Middle-of-the-Road-Radio durch. Aber das ist es gar nicht, wo das wohl herkommt.
Denn die Politikjournalisten und auch alle anderen im US-Network-Fernsehen haben genau diese merkwürdige Sprachmelodie, die sich offenbar ansteckend auf deutsche Kollegen, die innerhalb des Beltways Dienst tun und irgendwo in Fairfax leben.
Was ich will: eine Dissertation über die Sprachmelodieveränderungen von US-Korrespondenten. Material könnten ja viele Stunden aus dem großen Archiv-Pool sein. Als Vergleichsprobe könnten Aufzeichnungen aus den Vorgängerstationen dienen. Wahrscheinlich braucht man aber eine computergestützte Auswertung der Sprachmuster. Es werden hunderte sein. Alles nur, um meine These zu stützen. Aber man kann auch noch einen schönen Grundlagenteil über Intonation von TV-Sprechern dranhängen. Leitfadeninterviews mit den wichtigsten Korrespondenten wären auch was. Um einen Bias auszuschließen, könnte man sich Korrespondenten aus verschiedenen Anstalten anschauen. Am auffälligsten ist das Prinzip aber bei öffentlich-rechtlichen Kollegen. Die berichten aber auch am häufigsten aus der Stadt mit dem Obelisken.
So, wer will? Stelle gern den Kontakt zu Datenjournalisten her, die ein bisschen mehr vom Metier verstehen als ich.
Feuer im Stadion
In Dortmund haben heute in der Bundesliga angebliche Fans Feuer gelegt, weil so glücklich waren, dass ihr Verein Meister geworden ist. Feuer.
Es sind keine Bengalos, kein Feuerwerk. Sondern es ist Feuer. In einem engen, eng gefüllten Stadion mit 50.000 oder 80.000 Zuschauern. Das ist versuchte Körperverletzung.
Wer ein Messer mit ins Stadion nehmen will, dem wird das Messer abgenommen. Glasflaschen werden den Besuchern abgenommen. Wieso kommt immer noch das blöde Feuer-Zeugs mit rein?
Wenn ihr Feuer machen wollt, kauft euch einen Kamin. Im Stadion hat Feuer nix verloren.
Über den Unsinn von Sperrfristen
Heute früh habe ich ein Stück bei DWDL gelesen, dessen Grundtenor ich gar nicht vollständiger teilen kann. (http://www.dwdl.de/magazin/33059/der_fernsehpreis_und_die_lachnummer_mit_der_sperrfrist/) Sperrfristen sind Unsinn, vorgeführt am Durchsickern von Meldungen trotz eigentlich verhängter Berichterstattungsverbote.
Was war passiert?
Sonntagabend fand die Verleihung zum Deutschen Fernsehpreis statt. Die Gewinner sollten nicht verraten werden, hatten offenbar die Veranstalter / die begleitenden Pressebetreuer gebeten. So klingt es zumindest durch im Text. (Link: http://www.dwdl.de/magazin/33059/der_fernsehpreis_und_die_lachnummer_mit_der_sperrfrist/)
Aber die Gewinner wurden bekannt, weil die Meldung der dpa mit der Sperrfrist doch publiziert wurde:
So verschickte die dpa am späten Sonntagabend eine Meldung mit den wichtigsten Gewinnern des diesjährigen Fernsehpreises. Mit Sperrfristhinweis für den 3. Oktober, 23 Uhr. Doch diese Meldung wurde binnen Minuten von Focus Online offenbar automatisch veröffentlicht.
In der Folge liefert DWDL Beweise dafür, wie viele Webseiten die Meldung einfach durchpubliziert haben, ohne dass ein Redakteur diese Tickermeldung hätte bearbeiten müssen. Außerdem arbeitet sich der Autor, Thomas Lückerath, an der Gleichartigkeit der Berichterstattung der Regionalverlage im Web ab. Berechtigter Vorwurf, aber hier irgendwie auch am Kern der Sache vorbei.
Worum geht es eigentlich hierbei? Es war etwas passiert, nennen wir es Sachverhalt A. Reporter B schreibt das auf, veröffentlicht es als Meldung M. Redakteur C schickt Hinweis hinterher, dass man das noch nicht drucken darf. Redaktion D bekommt die Meldung, hat aber im Redaktionssystem E keine Sperre eingebaut, die Nachrichten auf die Zeichenkette “Sperrfrist” hin untersucht und filtert. User F liest es, teilt die Nachricht über Social Media mit der Welt – Nachrichtenagentur F kann mit einem Rückzug der Meldung gar nichts mehr erreichen.
Was ist an diesem Konstrukt falsch? Am Event G, an dem auch Sachverhalt A passiert ist und Reporter B hoffentlich teilgenommen hat, um Meldung M zu schreiben, nehmen mehrere hundert weitere Personen teil. Die reden mit anderen Freunden (so war das zumindest früher, wenn Geheimnisse keine Geheimnisse mehr blieben), smsen die Ergebnisse und twittern und facebooken und bloggen sie in die Welt. Weil sie sich freuen und die Freude mit der Welt teilen wollen – ist ja auch alles richtig so. Deswegen war die Sperrfrist für diesen Event wie für jeden Event eine blöde Idee. Das neue Diktum im Journalismus ist: Wenn etwas passiert ist, ist es passiert. Punkt, aus. Oft genug wird man als Sportfan in der Sportschau für dumm verkauft, am schlimmsten ist es immer bei der Entscheidung um die Meisterschaft. Da gibt es dann in der Sendestrecke die Fiktion, man wisse noch nicht, dass die Mannschaft T Meister gewurden ist. Sondern es wird mit einer künstlich übergestülpten Chronologie der Gemeinsamkeit versucht, Spannung zu erzeugen. Früher nannte man das Aufhotten, heute gibt es sicher einen besseren Begriff in den Redaktionen dafür.
Eine Sperrfrist für einen Event ist einfach Unsinn. Entweder ist ein Unfall passiert, ein Haus eingestürzt oder jemand hat einen Glitzerpreis bekommen – oder nicht. Auf diesen Grundkonsens müssen wir uns einigen können, ohne Angst zu haben, nicht wieder zu der Veranstaltung eingeladen zu werden. Diese klitzekleine, piefige Angst der Medien, warum sie sich an Bitten zu einer Sperrfrist halten, gehört abgeräumt.
Und warum Pressemeldungen mit Sperrfrist noch größerer Quatsch sind? Die Pressemeldung bezieht sich auch auf einen Event oder suggeriert einen Event, der nicht wichtig ist – eine Pressekonferenz zu einem Launch oder so. So ist es zumindest im Technikjournalismus oder Medienjournalismus. So ist der Gegenstand der Berichterstattung wirklich meist nur ein neues Handy oder einen Firmenfusion. Sollten wir dafür als Journalist unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen? Lohnt sich das wirklich? Es lohnt sich wirklich, dies mal auf den Kopf zu stellen und zu diskutieren, ganz so, wie es DWDL schreibt.
Man kann über den Sinn von Sperrfristen lange philosophieren und leidenschaftlich darüber diskutieren.
Warum ich bullish für das Chromebook bin
Recht hat der Autor. Aber: Ein ganz normales Büronotebook in einem Konzern, der großen Wert auf IT-Sicherheit legt, kann ohne eine Internetverbindung auch nicht viel. Klar kann man an Dokumenten arbeiten, aber verschicken kann man sie nicht – und auch nicht vom Server holen, wo sie in aller Regel zur besseren Zusammenarbeit und aus Sicherheitsgründen (Profile des Users liegen da auch) abgelegt sind. Klar, kann man auch im Tunnel bei der langen Bahnfahrt eine E-Mail beantworten und erst wieder im Heimathafen, wo man WLAN hat, günstig verschicken. Aber für solche Zwecke sehe ich das Gerät auch nicht (auch wenn vor allem die kundenunfreundliche Politik deutscher WLAN-Hotspotbetreiber das Land zu einer weitgehend konnektivitätsfreien Wüste macht).
Und auch nicht für Menschen wie du und ich, Privatanwender. Natürlich ist das Chromebook vor allem eine einzige lästige Einschränkung. Ziemlich dumm ohne das Web.
Aber Privatanwender werden damit eh nur wenig anfangen können. Sondern im Büro könnte es glänzen. Da macht es sich bezahlt. Für Schreibtischtäter und Bürohengste.
Denn in IT-Abteilungen hat das Ding wirklich eine Chance (- wenn die sich darauf einlassen können, dass ab sofort alle Daten bei Google liegen. Aber das ist dann wirklich ein Thema für einen ganz anderen Blogpost, den ich nicht schreiben will).
Warum ist das Gerät für IT-Fachleute so interessant? Weil Anwender nichts mehr auf dem Notebook installieren können. Nicht, weil man ihnen die Rechte weggenommen hat, etwas zu installieren, sondern weil auf dem Chromebook einfach nix installiert wird. Keine Angst mehr vor Viren, Bloatware und all dem Zeug, was Windows-Kisten mit der Zeit ansammeln.
Die Mitarbeiter loggen sich einfach mit ihrem Account ein (notwendige Bedingung für IT-Verantwortliche – und sehr hohe Hürde – Google Apps for Enterprise), und schon ist alles da. Die Mails, die Office-Anwendungen, der Browser. Die ein oder andere Unternehmensanwendung wird man neu schreiben müssen, da sie nur im IE6 funktioniert – aber das wäre eh im nächsten Geschäftsjahr passiert.
Nix installieren? Oh, damit verliere ich meine Gestaltungsmöglichkeiten als Knowledge Worker. Iwo. Ein normal konfiguriertes Windows-Notebook darf auch nix über das hinaus, was der System-Administrator und die Firmen-Richtlinie erlauben. Da werden für jede Software Anträge geschrieben und Tickets eröffnet, bevor dann auf das Gerät per Fernwartung installiert wird. Das dauert – und in der Zeit hat man auch eine passende Webanwendung gefunden. Salesforce macht CRM, Google Docs oder Zoho machen Office, GMail macht auf Exchange, GTalk oder IMO auf Communicator oder einen anderen IM, Google Docs auf Adobe Reader. Spezielle Firmenanwendungen leisten sich eh nur noch die ganz großen. Die Buchhaltungssoftware muss dann in eine virtuelle Maschine auf den Server, aber an die müssen eh nur wenige ran. Und der Windows ME-Rechner, auf dem der Faxserver und die Telefonzentrale laufen – der gehört eh auf den Wertstoffhof.
Was macht man sonst noch mit einem Rechner?
Mit Amazons Cloud Drive, Dropbox und Googles Music Beta komme ich auch ohne iTunes aus.
YouTube funktioniert, jetzt mit den Movie Rentals dort und bei Facebook und anderen On-Demand-Diensten sollte das auch gehen. Aber das will man eh nicht auf seinem Firmen-Laptop.
Also: In den USA wird es viele Firmen geben, für die 28 Dollar im Monat für ein voll gewartetes Notebook nicht viel Geld sind und die zugreifen. In Deutschland und überhaupt in Europa wird der schlechte Ruf, den Google mittlerweile hat, und die Angst vor der Datenübermittlung auf ausländische Server außerhalb der firmeneigenen Firewall das Chromebook auch im Business scheitern lassen.
Für Privatanwender ist das Ding wirklich nicht geeignet. Spielen wird man darauf nämlich auch kaum können. Gut, dass es wenigstens Angry Birds für Chrome gibt.
P.S.: Und hier noch ein Argument:
http://www.betanews.com/article/Mozilla-and-Google-force-businesses-to-use-Internet-Explorer/1308889573?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+bn+%28Betanews+Full+Content+Feed+-+BN%29
Republished.
Ein alter Hase erklärt die Demokratisierung der Produktionsmittel
Schon 2009 habe ich das geschrieben, übrigens. Daher habe ich auch den Artikel zurückdatiert.
Leo LaPorte erklärt, was sich durch das Internet für Medien verändert hat: Jede Nische ist groß genug im Internet, aber nicht für die alten Medien. Wie geht das? Das Monopol der alten Verbreitungsmethoden wurde durch das Netz gebrochen. Jede Nische hat genug intelligente Menschen, die sich vielleicht doch für Werbung, die ihnen Neues bietet, interessieren. Sehr inspirierend! Und danach gleich ein Abo für den Podcast „This Week in Google“ einrichten, einen seiner mehr als 20 (!) Podcasts.
Die Zeile, die man sich merken sollte:
„Advertisers have smoked the crack of Google and Facebook.“
(Einmal verwöhnt durch sehr genaues Targeting, hohen CTR und wenig Streuverluste, kommen sie nicht mehr so gern zu Massenmedien zurück. Es sei denn, sie wollen eine Masse erreichen.)
Und: „Podcasting is dead.“ (Weil es zu kompliziert ist für den Durchschnittsuser.)
Na, neugierig genug geworden?
Aus dem Archiv: Filmkritik Arlington Road – Biedermann oder Brandstifter?
Genug der Vorrede.
Arlington Road: Terror im Schafsfell
Der amerikanische Traum hat schon Millionen von Einwanderern fasziniert. Als besondere Fans dessen outen sich häufig auch deutsche Exilanten wie die beiden Regisseure Wolfgang Petersen, Besuchermillionär mit Air Force One, und Roland Emmerich, Umsatzmilliardär mit Independence Day. Untrennbar mit diesem Traum verknüpft ist auch der Glaube an ein Recht zur Selbstverteidigung, das das Tragen einer Waffe erlaubt.
Bis vor ein paar Jahren war es in der amerikanischen Gesellschaft noch unumstritten, dass dies ein elementares Bürgerrecht sei, ganz so wie „life, liberty and the pursuit of happiness“. Einschränkungen dieses Rechtes – etwa in besonders von der Gewaltkriminalität betroffenen Städten – riefen deshalb regelmäßig den Zorn der radikalen, aber auch der gemäßigten Rechten hervor.
Dann bricht es hervor, dieses Krebsgeschwür, das so amerikanisch ist wie Hot Dogs und Barbecue, Cheerleaders und Home Runs, Suburbia und Einkaufszentren: Waffenverliebtheit. Der nette Buchhalter von gegenüber ist stolz, eine Sammlung von Winchester-Gewehren sein Eigen zu nennen, der Familienvater nebenan hat Probleme, wegen des Wertes seiner Pistolen eine Hausratversicherung für sein Haus zu bekommen.
Denn die National Rifle Association (NRA) hat strengere Waffengesetze noch fast immer verhindert. Der Verein, Sammelbecken für Millionen „guter Amerikaner“, die das Recht zur Selbstbewaffnung aus der Verfassung ableiten, betreibt seit Jahrzehnten erfolgreiche Lobbyarbeit.
Ebenso fanatisch hassen die Rechten – oder Konservativen, wie sie sich selbst nennen, – den Staat. Klar, sie lieben ihre Nation, aber einen „Vater Staat“ lehnen sie ab. Jede Steuer ist Ausbeutung, eine Steuererhöhung Beweis der Willkürherrschaft von „denen in Washington“. Oft genug sind Politiker mit dem Versprechen angetreten, innerhalb des „Beltway“, des Autobahngürtels, der Washington umschließt, für frischen Wind zu sorgen – und gescheitert. Zuletzt Bill Clinton.
Und doch: Die Welt außerhalb dieses Dunstkreises, dieser Bannmeile, ist eine andere. Lattenzäune, breite Einfahrten, Anliegerstraßen, auf denen ein LKW rangieren könnte: Das ist Suburbia, USA. Weiträumig, mittelständisch, kleingeistig. Ein Idyll der Nachbarschaft.
Die Angst in Suburbia
Stop: Mit diesem Vorurteil räumt Mark Pellington gründlich auf. Er zeichnet in Arlington Road das Bild einer Gesellschaft, in der Nachbarn einander nicht mehr kennen, in der surrende Klimaanlagen und klackernde Rasensprenger die einzigen Anzeichen für Leben sind. Steril, abgestumpft, eingezäunt. Schon im Vorspann schaffen ins Negativ kopierte Bilder von hoch aufragenden Lattenzäunen und sanft abfallenden Dachschrägen ein Gefühl von Klaustrophobie.
Wie in einen Käfig hat sich Michael Faraday (Jeff Bridges), Geschichtsprofessor und Terrorismusexperte, nach dem Tod seiner Frau in diese Welt der Vorstadt zurückgezogen. Hat sich mit seinem Sohn Grant hinter Jalousienlamellen verschanzt. Als er eines Tages von der Uni zurückkommt, wird er in die Welt zurückgezwungen, überfährt er doch beinahe ein Kind, das blutüberströmt wie in Trance über die Anliegerstraße wandelt. Das Kind seiner Nachbarn, wie er im Hospital erfährt. Der Junge hat sich beim Spielen mit Feuerwerkskörpern schwere Verbrennungen zugezogen. Nett sind sie, die Eltern, Oliver und Cheryl Lang (Tim Robbins und Joan Cusack), man freundet sich an.
Aber wer wie er Vorlesungen über Terrorismus hält, traut der perfekten Familienatmosphäre und der makellosen Biographie nicht. Die Paranoia ist Beruf geworden, auch zum Selbstschutz. Denn seine Frau kam bei einem missglückten FBI-Einsatz ums Leben, rechtsradikale Terroristen waren ihr Aufgabengebiet. Michael hat Zweifel: Ist Oliver wirklich Bauingenieur, oder ist er ein Terrorist? Und seine umsichtige Frau, die den Haushalt so toll im Griff hat? Nee, kann doch keine Verschwörerin sein. Oder doch? Waren die Feuerwerkskörper nicht vielleicht eine Bombe?
Jetzt kommen die Spoiler aber wirklich
Wenn es doch so spannend wäre, das böse Spiel der Musterbürger zu entschlüsseln. Die Mienen der Kinder verraten aber schon bald: Uh, da ist was faul im Staate Suburbia. Adrett gekleidet, wortkarg, immer höflich, das Haus penibel sauber, manikürter Rasen: die Idylle gerät eine Idee zu perfekt.
Schon immer gab es in Amerika Angst vor Verschwörungen. In Salem brannten „Hexen“ auf dem Scheiterhaufen, in den Fünfzigern machte Senator McCarthy Jagd auf kommunistische Gespenster, heute glauben viele Amerikaner, die Menschen seien nicht allein auf dieser Welt – und die Regierung würde ihnen dies verheimlichen. Die Akte-X-Endzeitstimmung greift um sich. Die in Washington kümmern sich doch nicht um die Nation, heißt es. Manchmal schwingen sich dann Attentäter auf, die Symbole dieser Politikerkaste aus dem Weg zu räumen, Amerika den Amerikanern zurückzugeben.
Für Hollywood war der Angriff auf Instanzen der Zentralgewalt, auf die Elite in Washington, stets ein großes Thema: John Malkovich trachtete in „In the Line of Fire“ dem amerikanischen Präsidenten nach dem Leben, Bruce Willis wollte in „Der Schakal“ die First Lady umbringen, ein machtgieriger FBI-Agent räumte in „Spiel auf Zeit“ den Verteidigungsminister beiseite, der angeblich die Nation verriet. Sich als Märtyrer opfern, für etwas Höheres, muss ein cooles Gefühl sein.
Doch soviel Einsatz zeigen Terroristen in den Neunzigern des 20. Jahrhunderts nicht mehr. Ehren Kruger macht mit dem einzig brillanten Twist in seinem Drehbuch den nichtsahnenden Geschichtsprofessor zum wahren Attentäter: ein trojanisches Pferd des Terrorismus. Er lag zwar richtig, die Nachbarn wollen die Regierung stürzen, aber wie ein tragischer Held stolpert Michael Faraday ins Verderben, da ihm niemand glaubt.
Kassandra hat auch niemand geglaubt
Und der Zuschauer weiß das alles. Pellington schafft es nicht, Fährten subtil zu legen. Sonstige Überraschungen: Fehlanzeige. Von Persil-Reinheit ist das Familienidyll der Langs, dabei gibt es so etwas seit den Fünfzigern nicht mehr, einmal von Pleasantville oder Die Truman Show abgesehen. Damit dann aber auch der Vierjährige in der letzten Reihe versteht, daß der biedere Bauingenieur ein Wolf im Schafspelz ist, muß er auf einer höllenartigen Party den gewalttätigen Gastgeber mimen. Unnötig, nein, anbiedernd die dauernden Hinweise, daß es da ein zweites Gesicht hinter der Fassade gibt.
Aber was macht den Rezensenten so wütend? Das verschenkte Potenzial. Eine brillante Plotidee wurde liegengelassen, wirkt jetzt wie an einen anderen Film drangepappt. 8 Minuten vielleicht – höchstens – sind sehenswert: der Vorspann und der surreale Showdown, für beides gibt es je einen halben Stern. Nur dann zieht dieser Versuch eines Terrorthrillers den Zuschauer in den Bann. Aber der Rest! Nur eins noch: Würde ein genialer Bombenleger wirklich die Baupläne der Gebäude, die er in die Luft zu sprengen gedenkt, derart dillettantisch in Bilderrahmen verstecken?