Filmkritik: „Blackhat“

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Film
Endlich „Blackhat“ gesehen. Da muss ich mal ausholen: Die guten Filme sind alle auf ihre eigene Art gelungen – sie zeichnen sich durch etwas Originelles aus. Die schlechten sind sich sehr ähnlich: Oft hat man die Versatzstücke ihrer mangelnden Originalität schon woanders gesehen. „Blackhat“ gehört in die zweite Gruppe. Und ich hatte mich so auf den Film gefreut.

Du hast die Farbkorrektur vergessen, lieber Michael

Regisseur Michael Mann gehört zu meinen Lieblingsregisseuren in Hollywood. Auch wenn er sein Material nicht selbst schreibt, so wie das auch ein Roland Emmerich nicht tut, ist sein visueller Stil immer zu erkennen. Die Digitalkameras, die zum Standard in US-Filmen geworden sind, hat er als einer der ersten an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit geführt und auch ihren besonderen visuellen Flair genutzt. Manchmal sieht das so aus, als hätte man in der Post-Produktion vergessen, die Farbkorrektur zu machen.

Szenen, in denen der Hauptdarsteller vor Farbflächen gefilmt wird, die seine Alpha-Mann-Qualitäten hervorstechen lassen – das ist pures Kino. Es geht hier nur um das Licht, weil: Die Story ist da zunehmend egal geworden.

Die Geschichte ist schnell erzählt, sie ist ist für den Film auch nicht mehr als eine Reihenfolge von Szenen, die abgenudelt werden: Verbrecherische Hacker schleusen Schadsoftware (Malware) in ein chinesisches Atomkraftwerk ein, das sie dann fukushimaartig explodieren lassen. Das war aber nur ein Test für ein noch größeres Verbrechen, das sie vorhaben. Und sie schreiben einen anderen Virus für einen Angriff auf eine Rohstoffbörse, bei dem sie sich mit Geld für ihren nächsten Coup eindecken. Der muss natürlich verhindert werden. Und dafür tun sich die Chinesen mit den Amerikanern zusammen, und sie müssen sich auch zusammenraufen. Aber weil das die Behördenmitarbeiter nicht allein schaffen, müssen sie einen wegen Kreditkartenbetruges verurteilten Proto-Hacker aus dem Gefängnis holen. Sein Auftrag: Rette die Welt, und deine Sünden werden dir erlassen – Strafbefreiung.

„Blackhat“ gehört in die Reihe der Filme und Serien, denen Programmieren zu langweilig ist, und wo die Schöpfer die Szenen vor dem Computer aufhübschen, ja gar aufhotten zu müssen glaubten. Dies ist kein Mr. Robot, sondern Machwerken wie „Passwort Swordfish“ verwandter. Wenn die Elektronen durch den Computer sausen, können wir ihnen als Filmzuschauer zusehen (ja, wirklich!) – und die schlechten Elektronen erkennt man an ihrer Farbe. Und wenn sie zuschlagen, vermehren sie sich wie Bakterien oder eine Plage (optisch ist das an „Outbreak“ angelehnt).

Spurensuche nach filmischen Vorbildern

Überhaupt ist die Bildebene voll mit Zeug, das wir woanders schon gesehen haben und zwar besser:

  • Chris Hemsworth als Hacker Hathaway – ja, ich habe auch immer Haddaway verstanden – er schiebt noch mehr die Unterlippe vor als in Thor. „Blackhat“ ist ein Hacker-Film, in dem die Welt nicht mit Programmieren in der Command Line (zwar auch, aber wenig) gerettet wird, sondern vor allem mit Social Engineering, Phishing und Starren in die Ferne, was Nachdenken darstellen soll, gerettet wird. Hemsworth wird als Proto-Ego des jugendlichen Kinobesuchers benutzt, das macht den Film dümmer, als er sein müsste. In Insider wurde noch ein schwitzender, dicker, nicht besonders sympathischer Mann in dieser Rolle besetzt, und kein Action-Star mit V im Oberkörper. Das Kino ist hier seiner wichtigsten Zielgruppe auf den Leim gegangen.
  • Wenn die Elektronen durch den Computer sausen, fliegen wir Kabeln hinterher. Das haben die Wachowski-Brüder schon in ihrem unterschätzten Erstling „Bound“ genauso gedreht. Es sieht mehr nach 2005 als nach 2015, dem Produktionsjahr von „Blackhat“.
  • Mit dem Schnellboot fahren die Bösewichte, die der Welt heiß gelaufene Reaktorkerne und Rohstoffmärkte bescheren, durch den Hafen von Hongkong. Das ist das gleiche Motiv der Flucht wie in Manns ebenfalls enttäuschendem Film „Miami Vice“. Sogar mit dem gleichen Bootstyp.
  • Hell erleuchtete Skylines in Asien, die dem Film etwas Neues geben soll, lassen leider das Publikum kalt. Wir Wessies kennen diese Städte nicht, und ob es jetzt Hongkong ist oder eine Stadt in Malaysia – das ist uns recht egal. Das erklärt mir im Nachhinein auch, warum so viele Filme in New York spielen, selbst wenn sie in Vancouver oder Toronto gedreht wurden. New York hat diese Wiedererkennbarkeit, die noch größere Städte nicht haben. Manche Filmemacher benutzen das gezielt – Michael Winterbottom mit Shanghai und Los Angeles in „Code 46“ als gesichtlose Zukunftsvision, und Spike Jonze zu wärmerem Effekt in „Her“.
  • Der am Anfang von der Sache nicht wirklich überzeugte Hathaway wird zum Zeloten im Laufe des Filme und überholt Jack Bauer in seiner Gewaltanwendung links und rechts. Rache ist eine so billig verfügbare Währung. Ich habe mich hier schon vor kurzem darüber ausgelassen.
  • Wenn sich der Held zum Endkampf mit den zähnefletschenden Bösewichten aufmunitioniert, macht er das mit Gummibändern, versteckten Schraubendrehern und Teppichmessern. Und er wird damit zum Mittelding von Jack Bauer und MacGyver.

Wertung: 2 von 5 Pull Requests.

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