Die Götterdämmerung der Abendzeitung

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Journalismus
Leider habe ich keine persönliche Anekdote zu erzählen, wie ich in der Sendlinger Straße etwa in den Redaktionsräumen einst Kir Royal getrunken habe oder so. Ich bin ein Zug’roaster. Lesenswert sind vor allem diese persönlich gefärbten Erinnerungen: Christian Jakubetz und Thomas Knüwer (persönliche Beziehung zum erfolglosen Chefredakteur Makowsky). Und aufregen kann man sich über die Zitate, die turi2 vom Verleger aus dem Interview in der SZ liftet.

Als Hauptgrund für die marode Situation der „AZ“ sieht Friedmann die Übersättigung des Münchner Zeitungsmarktes, der schon „fast Berliner Verhältnisse“ habe.

Hauptgrund ist wohl eher, dass Menschen unter 35 keine Zeitung mehr lesen. Zumindest ist das in meinem Freundeskreis so.

Deshalb musste ich meinen persönlichen Zugang zum Thema finden. Der geht über die Daten. Wie schlecht ging es der Abendzeitung wirklich? Was sind 70 Millionen Euro Defizit in zehn Jahren wirklich? Können die Zahlenangaben stimmen?

Also habe ich mir bei IVW.de die Quartalszahlen besorgt (Anmeldung kostenlos, Quartale auswählen und CSV downloaden) und mal schnell in Excel reingeworfen. Der erste Entwurf sah komisch aus:

Quartale falsch sortiert Abendzeitung

Ich hatte die Quartale falsch sortiert. Aber das lässt sich schnell beheben, in der entsprechenden Spalte der Tabelle einfach die Sortierung auf Aufsteigend umstellen.

Abendzeitung ohne Quartale

Weil ich da die Quartale weglassen musste, kann man als Nutzer das schlecht interpretieren. Wie schnell geht das? Jahre müssten zumindest drauf. Leider spuckt die IVW den Wert nur seltsam formatiert aus: 19981 heißt 1. Quartal des Jahres 1998. Und den Verlust in Prozenten.

Verbreitung Abendzeitung mit Prozent und Quartalen

Egal, was für ein Geschäft man betreibt: Wenn das Interesse der Kundschaft um 36 Prozent abnimmt, hat man ein Problem. Offenbar hat bis 2006 die Auflage langsam nachgelassen, danach sank das Interesse noch schneller. Bei einer Zeitung, die sich vor allem über den Einzelverkauf absetzen lässt (Aboanteil unter 30 Prozent).

Ein weiterer Versuch, das zu visualisieren: mit Balken nach unten.

Verluste Abendzeitung Balken Quartale

Ich finde, mit dem Rot auch großflächig zu arbeiten, unterstreicht die Dramatik der Entwicklung. (Die beiden Rottöne sind die aus dem Header der Abendzeitung online.) Da hätte man längst einen Insolvenzberater rufen können. Zwegat – macht der auch in Zeitungen?

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