Zeichentrick und Realfilm

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Film

Was ist noch besser als Zeichentrick? Wenn Realfilm die gestalterischen Möglichkeiten des Zeichentricks bekommen hat. 3D war nur ein Schlenker auf dem Weg zur Konvergenz von Trickfilm und Realfilm.

Wir dachten, 3D wäre die Zukunft des Zeichentricks. Doch Realfilm ist es geworden

Wir haben früher gedacht, dass mit den Möglichkeiten der 3D-Darstellung wie in Toy Story der Zeichentrickfilm ganz neue Sichtweisen für uns bringen würde. Das hat er auch, wenn wir uns die emotionale Wirkung von animierten Spielzeugen oder die anderen Werke der Renaissance des Zeichentricks in den 90er Jahren bei Disney ansehen – oder große Teile des Werks von Pixar ansehen. Mittlerweile haben die beiden Firmen viel voneinander gelernt, Pixar das Merchandising von Disney und Disney wieder die Liebe zum Erzählen von Disney.

Wieso komme ich jetzt auf dieses seltsame Thema? Zwei Auslöser habe ich dafür, das ist mehr, als ich sonst für irgendwelche Schnellschüsse hier in meinem Blog brauche.

  1. Auslöser: „The Jungle Book“ zeigt virtuelle Tiere in einer Echtheit, dass mir die Unterscheidung schwer fällt. Das kommt aus den technologischen Durchbrüchen, die wir das erste Mal in „Schiffbruch mit Tiger“ gesehen haben. Wahrscheinlich konnte sogar das Rendering-Modell aus dem Film recycelt werden, um Shir Khan wieder aufstehen zu lassen. Als pelziger, nicht putziger Gesell.
  2. Der Trailer für das „Live Action Remake“ von „Die Schöne und das Biest“. Wir befinden uns jetzt in der 20-Jahre-Recycling-Schleife. Filmklassiker aus den 90er Jahren (jüngere Lesern sträuben sich bei dieser Formulierung nicht die Nackenhaare) werden wieder aufgelegt. Hier ist der offizielle Trailer aus den USA: Beauty and the Beast US Official Trailer – YouTube. Emma Watson, mit der ich mir alles ansehen würde, auch solche toll aussehenden Filme, ist die Inkarnation der reinen jungen Frau, die mit ihrem goldenen Herzen den Status Quo auf die Probe stellt.
Wenn ich an die letzten Jahre zurückdenke, was ich da so im Kino gesehen habe, dann ist die Grenzüberschreitung immer selbstverständlicher geworden. Das war sie lange nicht: Der flüssige Terminator im gleichnamigen Film war ein klarer Special Effekt. Auch so verdrehte Welten wie „Alice im Wunderland“ spiegeln immer noch die Bemühungen, im Computer kreierte Wesen auch als Fabelwesen erkennbar zu machen. Auch die Änderungen an menschlichen Schauspielern, wie etwa an Tim Burtons Ex-Freundin Helena Bonham Carter, sind klar als solche zu erkennen. Oder die Kamerafahrten in „Panic Room“ durch ein Schlüsselloch und in „Fight Club“ durch den Griff einer Kaffeemaschine – Gimmicks, aber immer als solche zu erkennen.
Aber realismusheischende Filme wie „The Revenant“ verschieben die Grenze. Der Bär ist natürlich nicht echt, mit dem Leonardo DiCaprio kämpf. Oder ist er es vielleicht doch? In was legt er sich zum Schlafen hinein, wenn es nicht ein Pferd ist? Kino wird wieder Illusionsmaschine, und das sieht anders aus, als wir das gedacht haben. Wir haben in den neunziger Jahren aus den 3D-Welten von „Die Schöne und das Biest“ extrapoliert. Filme wie „Beowulf“ sahen aus wie sichere Meilensteine auf diesem Weg. Im Nachhinein sind sie Irrwege oder erste Prototypen, je nachdem, wie man das sehen will. Erst jetzt, 2016, hat die Computertechnik das Level erreicht, wo man seinen Augen wirklich nicht mehr trauen kann – nicht einmal mehr in einer Laser-Projektion, wenn Dolby Atmos am Sitz rüttelt.

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