Kämpfe von gestern: Journalist

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Journalismus

In den letzten Jahren ist mir das Journalismus-Magazin „Journalist“ sympathischer geworden, oder zumindest wieder wichtiger geworden. Warum? Weil auch aktuelle Themen den Eingang ins Heft gefunden haben. 

So wird in der aktuellen Mai-Ausgabe 2017 auch groß über die erneuten Personalrochaden und Stellenkürzungen beim Focus-Heft berichtet. Das sollte mir nicht egal sein, weil ich in München arbeite und in Bayern lebe. (Diese Unterscheidung ist wichtig, glaubt mir.) In Bayern hat der Focus in gewissen Kreisen nämlich immer noch einen gewissen Rang. Er ist sozusagen das Symbol des bürgerlichen Widerstands gegen den und Unbehagen gegenüber dem Zeigefingerjournalismus des Spiegel. Ich sage nicht, dass das gut ist, ich sage einfach, dass es verbreitet so ist.

Sicher ist es also interessant, dass man als Gewerkschaftsmitglied etwas über andere Schicksale von anderen Gewerkschaftsmitgliedern erfährt. Aber letztlich gibt es eine ganze neue Generation an Nutzern und Journalisten, nennen wir sie mal die Millennials, für die der Focus völlig irrelevant ist. Für sie ist es wichtig, von der Personalie Daniel Drepper bei Buzzfeed zu erfahren. Die wird aber in einer dürren Einspalter-Meldung abgehandelt.

Dabei ist Drepper für Buzzfeed ein Coup, und umgekehrt auch: Buzzfeed sagt damit auch für Deutschland den Kampf um investigative Themen an. So wie das Buzzfeed-Chefredakteur Ben Smith sich schon für die USA und auch für Großbritannien mit seinem Reporter-Team erarbeitet hat. Das wäre mehr Tinte wert gewesen, die Geschichte von „Buzzfeed ist mehr als Listicles“ noch einmal zu erzählen, anstatt Abwehrkämpfe wie beim Focus zu erzählen.

Eigentlich wollte ich diesen Post nicht schreiben, weil sich ja vieles zum Guten gewandt hat beim Journalist, aber wenn das, warum auch immer, die Webseite des Heftes ist, läuft etwas falsch im Jahr 2017:

https://www.djv.de/startseite/info/journalist/das-magazin.html

Ja, das hat auch mit den internen Querelen zwischen Herausgeber, Alt-Verlag und Neu-Verlag zu tun. Aber das ist mir egal. In ein paar Wochen kann man zumindest eine Not-Internetpräsenz erstellen. Und eine Seite tief im Bauch der Gewerkschaftswebseite ist für mich nicht ganz adäquat.

Wenn ich mit dem Finger auf etwas zeigen soll, was besser wäre, sind das Poynter und Nieman Lab. Diese US-amerikanischen Institutionen und Publikationen sind viel mehr auf der Höhe der Zeit, was den Journalismus angeht.

Und das Pikante in ebendieser Woche: auch beim deutschen Onlinejournalismus. Wenn ich wissen will, was Springer plant, lese ich das in aller Regel dort zu erst. Oder konkret: Zwei Geschichten über die Ambitionen von Zeit Online. Die sind zwar auch recht kommod am Rande einer wichtigen Konferenz abgefischt, aber sie bieten einen Nachrichtenwert. Den finde ich nur bei journalismusethischen Themen im Journalist. Die bereitet er wirklich gut auf (Colditz und rechte Gewalt, vergessene Themen, Kolumne für Floskelwolke). Aber mir fehlt das Aktuelle. Wie kann man das machen? Wahrscheinlich geht es mit der aktuellen Personalausstattung nicht. Aber rechnet doch mal, vielleicht findet sich ja dafür eine Blendle-Finanzierung wie für Übermedien, das ich trotz aller Übertreibung an manchen Orten (Kampf gegen die immergleichen Windmühlen) gern unterstütze.

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