UX Munich: Impressionen und Fazit

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Design / Konferenz / Konzeption

Mich kann man leicht beeinflussen. Äußere Eindrücke verändern mein Denken. Das ist wohl bei vielen Kreativen so, wenn sie Inspirationen suchen. Früher waren das Filme. „Matrix“ war einer davon. Zwei Tage lang danach sah die Welt nicht mehr so aus, wie ich sie gewöhnt war. Gute Konferenzen sind genauso. Für mich sind die gewissermaßen die Bewusstseinsveränderung des denkenden Menschen.

In der Mittagspause des zweiten Tages von UX Munich 2015 setzte bei mir dieser Effekt zum ersten Mal ein. Ich sah die Welt durch die Brille von Analytics, User Research, User Stories und anderen Dingen, von denen Redner wie @ohrworm vorher erzählt hatten. 

Nutzerströme, wichtige Use Cases

Ein verzweigter Raum mit vielen Gängen im Untergrund, wie die Stachus-Passagen, sieht mit dem neuen Blick, der vorübergehend ist, anders aus. Da fallen die kleinen Ecken auf, in denen man stehen bleiben kann zum Essen und wo die Tauben auf runterfallende Brösel warten. Sie plustern sich auch nicht mehr auf als andere Bummler, die man eine S-Bahn-Station weiter am Marienplatz mit großen Tüten von den Luxus-Geschäften aus der Altstadt sieht. Pelz, Perlenkette, Pudel an der Leine – ok, das mit dem Pudel habe ich erfunden. War eher so ein wadenhoher Spitz. Da, wo München am zweitderrickhaftesten ist. (Auf Platz 1 wird ewig Grünwald sein.)

Die Pfade der Passanten durch den Untergrund stelle ich mir wie die Besuchspfade auf einer Website. Sie zeigen an, wo die heißen Contents (= Essen, Einkaufen) liegen. Einige Läden verzichten auf eine offenbare 1-A-Lage, weil sie eh gesucht werden – wie etwa die Apotheke und der Starbucks. (Auf Portalen wäre das so etwas wie Wetter oder die Lottozahlen.)

Auch die Menschen werden zu Personas. Juliane, die Bankiersfrau mit dem Hund, sie haben wir gerade schon auf dem Marienplatz kennengelernt. Heute kommt auch Ulrike, Betriebsrätin seit Menschengedanken, dazu. Sie spricht bei der Demo der GEW auf dem Stachus, kurz bevor es gegen Mittag endlich ins Wochenende geht. Sabine, Assistentin bei einer Unternehmensberatung, sticht etwas gedankenverloren in ihrer Salatbox mit Essig-Öl herum. Folker führt sein goldenes iPhone 6 plus aus, und auch seinen schneidigen Anzug in 48. Nach Stange sieht der nicht aus – vielleicht ist es Sabines Kollege aus der Beratung…

(Hier breche ich mal Reportage und inneren Monolog ab. I’m getting a little bit carried away.)

Fazit aka Was will der Autor uns eigentlich sagen

Die Bewusstseinsveränderung, ganz legal, steuerlich abzugsfähig, die eine solche Konferenz schaffen kann, ist enorm. Das ist auch der Rat, den Tiffany Conroy von Soundcloud, eine Kanadierin in Berlin, den Anwesenden gibt. „Nutzt die Konferenz als Aufhänger, das neu Gehörte und Gelernte in den Alltag im Büro einzubringen.“ Ich möchte ergänzen: Schließlich hat euch euer Chef den Besuch erlaubt oder gar dazu animiert. Wenn ihr Freelancer seid, schreibt darüber. Kontaktiert die Redner auf Twitter, schreibt darüber, spielt ein bisschen mit den Tools, die vorgestellt wurden. Liebe Organisatoren, es wäre toll, wenn ihr alle Präsentationen und Links, die die Redner dabei hatten, auf einer zentralen Ressourcenseite sammeln würdet.

Welche eine Sache habe ich mitgenommen? Da ist der Appell von Andy Budd aus der mittäglichen Panelrunde. „Ihr seid die Profis.“ Damit wollte er dem etwas schüchternen Publikum mehr Mut im Umgang mit möglichen Auftraggebern einimpfen. Es gibt etwas, was ihn und die anderen Redner von den Zuhörern unterscheidet. Sie haben starke Meinungen und auch so etwas wie eine Philosophie. Besonders stark sind die Ausschläge meiner Meinung nach bei Conrad Albrecht-Buehler, Andy Budd, Denise Jacobs, Stef gewesen. Erik Spiekermann spielt als Elder Statesmen des Designs sowieso in dieser Liga. Wenn nicht gar in seiner eigenen.

Ein paar Worte an die Organisatoren

Ich muss euch für die Atmosphäre der Konferenz loben. Sehr kollegial, fast freundschaftlich. Das edle Ambiente hat euch nicht erdrückt, anders als bei der letzten Ausgabe von Mensch und Computer, die auch in München war. 

Toll war die Dramaturgie der Vorträge im Allgemeinen. Gerade die Schluss-Vorträge waren perfekt besetzt. Beschwingt in die Party und beseelt ins Wochenende. Perfekt, noch einmal. Und ich habe jeden einzelnen Redner bei Twitter mit aufgenommen – das hatte ich noch nie auf einer Konferenz. 

Moderation. Hat Julie taff, straff und doch sympathisch gemacht. Die Quadratur des Kreises. Gute Servicehinweise, 

Und jetzt für etwas nicht ganz so Tolles. (Und das sage ich jetzt wirklich nur, weil ihr NOCH besser werden sollt.)

Die Badges sind total süß. Aber leider hat meiner die Mittagspause nicht überlebt. Wenn der unter der Jacke scheuert, reißt der Bierdeckel leider sofort aus. (Und ich war nicht mal auf der Party, bei der man die wohl auch gebraucht hat.) Die Plastikdinger von sonst überall sind schrecklich, ich weiß. Vielleicht kann man da rund ums Loch für das Lanyard da Nieten einstanzen? Auf Kindergartenfesten gibt es doch immer sowas. Macht mal ein paar Prototypen.

Registrierung ist auf vielen Konferenzen Chaos, so auch bei UX Munich 2015. Idee: Verlegt die an Stehtische nach draußen. Damit wird der Gang vor der Garderobe in der hektischen ersten Stunde der Konferenz frei gehalten. Große Gassen im Hof, vier Buchstabenbereiche, einer vielleicht für Speaker, Presse und Sponsoren – das wäre was. 

Catering: Habt ihr schon gemerkt, damit hätte man vielleicht die Hälfte der Leute satt kriegen können. Der Nachmittagssnack ist wichtig. 

Pausen. Ich weiß, dass bei einer One-Track-Konferenz niemand den Raum wechseln muss. Aber sie sind wichtig zum Kennenlernen und Networking. Zumindest Bio-Pausen braucht Mann häufiger. Gerade mit der Catering-Kombi Kaffee und Apfelsaft.

Networking. Die Idee mit dem Partering über die Badges war toll – aber leider war der Frustfaktor hoch, wenn man einen No-Show erwischt hatte. Das geht sicher auch ein bisschen anders. Die IA-Karten der IA Konferenz sind für mich der Branchen-Benchmark. 

Sponsor fürs WLAN. In einer so technischen Stadt wie München muss es doch möglich sein, einen Sponsor fürs kostenlose Konferenz-WLAN zu bekommen. Klar ist das richtig, für die Speaker ein eigenes WLAN zu haben. Aber das muss einfach sein. Der Sponsor kann dann auch gleich für mehr Steckdosen sorgen. (Vielleicht kann das auch in einer Stunde nach der Veranstaltung wieder aus der sicher denkmalgeschützten und schönen Location wieder entfernt werden.)

Bis zum nächsten Mal, UX Munich 2015! Zum ersten Mal da gewesen, hoffentlich nicht zum letzten Mal.

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