AMP-Roadshow in München / Google-Office, 7.11.2017

Schreibe einen Kommentar
Cloud / Google / Web
Botschaft der AMP-Roadshow: Mit AMP werden Webseiten auf Android-Geräten wie diesem schneller.
Wer die Büros von Google besuchen will, muss sich am Empfang anmelden, sein Namensschild anstecken und darf dann erst rein. So erlebt bei diversen Besuchen, auch bei der AMP-Roadshow wieder. Wer eine AMP-Version seiner Webseite in den Google-Index schicken will, muss das Gleiche tun: Seite anmelden, auf Freigabe warten und dann geht sie erst rein. (Erklärung hier: Was ist der AMP-Validator? Was ist der Google-AMP-Cache?)

Insofern passt es, dass Google mit der München-Ausgabe seiner AMP-Roadshow (Paris, Madrid, Beijing… ) in seinem eigenen Büro an der Donnersbergerbrücke Halt macht. Durch die ganze Welt touren die AMP-Verantwortlichen (viele aus New York, einige aus der Google-Zentrale in Mountain View bei San Francisco). Immer mit der Botschaft an Webseitenbetreiber (und oft genug Publisher): Macht eure Webseiten auf dem AMP-Standard, den wir kreiert haben, und Nutzer werden euch lieben. Weil die viel schneller laden.

Dagegen habe ich auch nix einzuwenden, das ist für Nutzer so. Viele Webseiten von Publisher wurden in den letzten 20 Jahren voll gemüllt – da gebe ich Paul Bakaus, dem Developer Advocate für AMP bei Google vollkommen Recht. Für einiges an Ad Tech-Müll bin ich auch selbst verantwortlich, in meinen letzten Stationen als Produktverantwortlicher in Medienhäusern, mal groß, mal klein. Und selbst kriegen wir Publisher und Publisher-Mitarbeiter das Problem nicht wieder in den Griff. Wir brauchen den Druck von einem Gatekeeper wie Google. (Letztlich war das auch der Charme von Facebook Instant Articles. Weniger Krempel von uns, bessere UX für unsere Kunden. Ende Exkurs 1.)

(Exkurs 2:

Finde es immer noch ironisch, dass der Erfinder von jQuery, damit mit verantwortlich für viel Bloat und Custom JS verantwortlich (wie auch für den Berufseinstieg für viele Web-Entwickler), jetzt an der Abschaffung von selbst geschriebenem Javascript mit arbeitet. Danach hätte ich ihn mal fragen sollen – aber mir fiel diese Frage natürlich viel zu spät ein. Bakaus ist übrigens unfassbar charmant, sowohl auf Englisch wie auch auf Deutsch.)

Dieser Tag, ein Gig auf der AMP-Roadshow, gehört Google, und die AMP-Mitarbeiter sind auf der Bühne erstaunlich on message. Auch die Gäste, wie etwa Jung von Matt, die den Relaunch von bmw.com vorstellen, der auf der AMP-Library basiert, sind von AMP angetan und der engen Zusammenarbeit mit Google.

Aber hier will ich auch denen eine Stimme geben, die etwas gegen AMP haben. Vehement und eloquent hat das Jeremy Keith getan, auf seinem Blog Adactio:

This is just one example of AMP’s sneaky marketing where some finely-shaved semantics allows them to appear far more reasonable than they actually are.

Keith ist einer der Verfechter der Indie Web-Bewegung, mit der ich auch sympathisiere (Disclosure), und er glaubt daran, dass jeder sich selbst über seine Webseite ausdrücken können muss. Und zwar mit offenen Standards. Nicht über einen proprietären Ansatz wie den von Google.

Ethan Marcotte wird auch von Keith zitiert, und der bringt es noch mehr auf den Punkt:

But when I hear AMP described as an open, community-led project, it strikes me as incredibly problematic, and more than a little troubling. AMP is, I think, best described as nominally open-source. It’s a corporate-led product initiative built with, and distributed on, open web technologies.

Die Publisher, für die ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, haben Probleme, die Ladezeit ihrer Seiten am Desktop unter 10 Sekunden zu bringen. Mobile First wird zwar gesagt, aber die Mobile-Wende ist schmerzhaft. Die meisten Publisher sind eben nicht so tech-savvy oder ressourcenreich wie der Guardian, auf den Keith hinweist:

(AMP-Seiten kommen leichter in die Google News-Carousels in der Google-Suche, das ist der Hintergrund.) This is the only reason why The Guardian, for instance, even have AMP versions of their content—it’s not for the performance benefits (their non-AMP pages are faster); it’s for that prime real estate in the carousel.

Für sie hat Bakaus Recht, wenn er bei der AMP-Roadshow sagt: „AMP-Seiten sind für Entwickler auch ein Weg, dem Management Nein zu sagen, wenn sie noch einen Tracker auf ihren Webseiten integriert haben möchten.“Auf einmal dreht sich die Wahrnehmung um, wer hier wessen Steigbügelhalter ist.

Nach dem Tag AMP-Roadshow bei Google bin ich jedenfalls sehr inspiriert, auch aus unseren lahmen Enten Webseiten schnellere, AMP-powered Seiten zu machen. Und sei es in Verstoß gegen die Prinzipien des offenen Webs. Ja, das sehe ich immer noch. Aber wir müssen halt nach den Regeln der Großen spielen. Lobbyarbeit wie bei Springer gegen die beiden können die Kleinen unter den Publishern nicht leisten.

Beitragsfoto: Photo by Adrien on Unsplash

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert