15 Gründe, warum der Railjet besser ist als der ICE

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Bayern / Reisen / User Experience

Vor langen Jahren (in meinen etwas wilderen Zwanzigern) habe ich Fernbeziehungen geführt. Die führten mich mal 250 Kilometer am Freitagabend quer durch die Republik, dann auch mal an die 500 Kilometer. Meistens habe ich die Freitagabende voller Vorfreude und die Sonntagnachmittage in Agonie in ICE-Großraumwaggons verbracht. Ich lebte noch auf studentischem Budget, also immer ohne Sitzplatzreservierung.

Live fast, ICE young

Wer schon am Berliner Ostbahnhof oder Berlin-Gesundbrunnen in den ICE stieg hatte bessere Chancen auf einen Sitzplatz. Die Strecke Mainz-Dortmund war auch eine schöne, vor allem wenn ich aus Kostengründen die Rheinschiene und den IC/EC gewählt hatte. Eher zäh und endlos das Gekurve durch Thüringen und Bayern nach München.

Damals habe ich mich ein wenig in den ICE verliebt. Oft waren die vier Stunden oder mehr im taubenblauen, quietschenden Sitz die produktivsten der Woche. Konzentriertes Arbeiten, hach. Auch wenn ich noch keine Noise-Cancelling-Kopfhörer hatte.

Mein Gleichgewichtssinn profitiert davon, wenn ich mit den Augen ziemlich starr fixiere bei einer Zugfahrt, es geht beinahe ins Starren, würden Beobachter sagen. Sonst wird mir speiübel, und der ICE hat immer noch keine Papiertüten an Bord. Auch wenn er auf manchen Verbindungen als LH-Codeshare (oder so ähnlich) firmiert.

Für einen Kongressin Wien habe ich jetzt aus München nach der Arbeit den RailJet genommen. Und der ist aus vielen Gründen noch einmal viel toller als der ICE.

  1. WLAN: Sobald der Zug in Österreich unterwegs ist, haben alle Reisende kostenlos Zugriff auf das zugeigene WLAN. (Und es ist mehr als ministeriales Versprechen.) Das ist schnell genug, damit man Spotify hören kann, für App-Updates auf dem Handy. Für die Mails aus dem Büro und die Slack-Messages reicht es sowieso.
  2. User Experience: Wenn ich mich mit meinem Tablet anmelde, ist dafür erst mal nur ein Klick im Browser notwendig. Und das Anmeldefenster ist auch noch super funktional: Ich sehe den nächsten und die weiteren Unterwegsbahnhöfe. Außerdem werden die Wagen angezeigt, die der Zug hat. Die Wagenreihung stimmte bei mir jetzt nicht, aber das ist mir jetzt egal. Mehr über das WLAN erfährt man hier.
  3. Die Website der ÖBB ist ein Traum, kundenzentriert bis ins Letzte. Das ist fast schon einen eigenen Post wert. Kein Seitenkonstrukt wie die vermaledeite bahn.de, sondern eine Angular JS-Single Page Web App.
  4. Es gibt LEDs als Leselampen über den Sitzen.
  5. Einer meiner ehemaligen Kollegen bei ProSieben hat eine Monatskarte für die Strecke Rosenheim-München. Sein Lieblingszug ist natürlich der Railjet.
  6. Auch kurzfristige Reservierungen werden als „Last-Minute-Reservierung“ über den Sitzen angezeigt.
  7. Mitten in den Waggons stehen noch einmal gut lesbare Zugzielanzeiger. Mit einer analogen Uhr! Nicht nur zwischen den Waggons, mit roten Matrixpunkten.
  8. Sitzlehne: Die Lehnen sind so hoch, sodass sogar ich meinen Kopf anlehnen kann. Beinahe so hoch wie die in einem Citynightliner.
  9. Klimaanlage: Die Klimaanlage im Railjet hat ihren Namen verdient. Anders als im ICE hielt die auch bei 34 Grad Celsius Außentemperatur cool. Das und meine Eisschokolade machten schon die Hinfahrt zu einem Vergnügen. Als es sich abends gewitterbedingt überzog, spielte ich sogar mit dem Gedanken, mir meine Jacke aus dem Koffer zu holen.
  10. Er macht Musik beim Anfahren. Beim ersten Mal habe ich es noch für irre gehalten, jetzt ist es Heimat. Der Railjet spielt eine Tonleiter beim Anfahren, also seine Lok tut es. Ist irre, muss man sehen. Hier ein YouTube-Video davon. Am liebsten würde ich das gleich mit dem Lego-Zug meines Sohnes nachbauen – mit Arduino oder einem Raspberry Pi wäre das ein Leichtes, wenn ich denn programmieren könnte.
  11. Die günstigsten Fahrkarten heißen Sparschiene. Könnte ein Wort treffender und lustiger sein?
  12. Railjet. Nicht RailJet oder sonstige Marketingverrenkungen. Dass der nicht so schnell wie ein Jet sein kann, ist in einem oft gebirgigen Land wie Österreich ja wohl klar.
  13. Der Zug hält selten. Meine Lieblings-Verbindung ist eine innerösterreichische, von Salzburg nach Innsbruck. Dafür braucht der Zug ungefähr zwei Stunden, etwas weniger. Deutlich mehr als die Hälfte der Strecke führt über deutsche Gleise. Aber der Zug hält nirgends in Deutschland. Ja, das liegt daran, dass Bayern sich da zwischen Tirol und Salzburg klemmt, aber ich finde so eine geografische Volte lustig.
  14. Habe ich schon gesagt, dass das WLAN kostenlos ist und dennoch gut ist?
  15. EM-Spiele werden live in der Onboard-ORF-Mediathek übertragen. Wirklich.

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