Disney und die Filmkritiker im Speziellen, Filmkritik im Allgemeinen

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Film
Im Dunkeln sitzen, und auch noch Geld dafür bekommen: der Luxus-Job des Filmkritikers. Photo by Jake Hills on Unsplash

Man muss nicht ganz so dick auftragen wie Jack Shafer, aber in der Sache hat er Recht:

Don’t Be Fooled. Disney Won Its Fight With the Press. – POLITICO Magazine: „Journalists have become so powerless that they can now be safely ignored.“

(Via .)

In der Filmkritik ganz sicher. 

Nur ist das nichts, was man an dem aktuellen Fall festmachen sollte. Der aktuelle Fall: Disney hatte Journalisten der Los Angeles Times von Pressevorführungen für aktuelle Filme ausgeladen, weil man bei Disney mit der Berichterstattung der Zeitung über Geschäftsbeziehungen mit Anaheim, einer Gemeinde in der Metropolregion Los Angeles, unglücklich war. Inzwischen dürfen Journalisten der L.A. Times wieder umsonst vor Filmstart ins Kino. Andere Journalisten (auch von der New York Times) hatten sich mit den ausgeschlossenen Kollegen solidarisiert.

Filmkritiker sind auch ansonsten machtlos. Sie sehen (in der Mehrzahl) Filme, die keiner ihrer Leser/Hörer/Zuschauer je sehen wird. In diesem Job war ich auf vielen Filmfestivals, dem Höhepunkt der Entferntheit des Filmkritikerjobs von normalen Kinobesuchern. Pro Jahr waren es etwa 250-300 Filme. Und wer das hauptberuflich macht, kommt locker auf mehr. Es ist ein Privileg und reiner Luxus, und die Filme, die man auf Festivals oder im Programmkino vorab sieht, werden in der Folge vielleicht von mehreren zehntausend Menschen in Deutschland im Kino gesehen. Falls überhaupt. Manchmal auch nur von ein paar hundert auf eben diesem Festival.

Meine Erfahrung als Filmkritiker ist es darüberhinaus, dass der Filmkritiker-Geschmack (und auch seine Reife) oft genug vom Geschmack der Masse abweicht, und dass es ein Gutes ist, dass weniger dünkelhafte Filmfans auf ihren Webseiten den Filmen oft gerechter werden als wir, und ich bin immer noch Mitglied im Verband der deutschen Filmkritiker. Ich sage bewusst: abweicht. Nicht, dass er besser sei. Mit der kritischen Auseinandersetzung mit dem Sujet Film steigt auch die sprachliche Fähigkeit, bei den Qualitäten zu 

Bei Rotten Tomatoes gibt es noch eine Trennung zwischen Top Critics und Publikum, und eigentlich möchte ich die da auch nicht mehr sehen (so etwas wie die künstliche Journalist-Blogger-Dichotomie im Netz). Warum werden die „professionellen“ Kritiker höher gewichtet? Da folge ich eher der Logik der IMDB – jeder nur ein Kreuz.

Warum gebe ich Shafer Recht? Filmkritik ist überflüssig. Ich habe schon lange keine mehr gelesen, und nicht nur deshalb, weil ich nur mehr Kinderfilme sehe –  und die meisten Menschen, die ins Kino gehen, auch nicht. Nur 5,2 Prozent der Kinobesucher haben laut FFA eine Kritik gelesen, bevor sie ins Kino gehen. (PDF-Download)

Und da ist da noch der berechtigte Hinweis von Jeff Jarvis, mittlerweile acht (!) Jahre alt:

 

Every paper doesn’t need a local movie critic  when movies are national and we are all critics. Papers should not devote resources to the commodified news we already know. They need to find new efficiencies, thanks to the link.

Jarvis, Jeff. What Would Google Do?: Reverse-Engineering the Fastest Growing Company in the History of the World (S.26). HarperCollins. Kindle-Version.

 

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