Bochum. In Bochum.

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Früher war ich oft da. Im Theater. Jetzt war ich wieder. Und habe geweint. 

Seit der letzten Spielzeit läuft „Bochum“, ein Stück mit den größten Liedern des deutschen Singer-Songwriters Herbert Grönemeyer, im großen Haus des Schauspielhauses Bochum. Und wo Bochum draufsteht, ist auch Bochum drin: in einer traumwandlerischen Version und bei der Zugabe dann auch als Kracher.

Im Repertoire-Betrieb der deutschen Theater muss eine Mischung zwischen Klassikern auf der einen und Avantgarde auf der anderen Seite sein. Auch Theater müssen schließlich Einnahmen durch Eintrittskarten erwirtschaften. Insofern ist Bochum eine sichere Wette. Mit den Liedern des bekanntesten Künstlers der Stadt füllt sich jeden Abend das Theater auf vorhersehbare Art und Weise. Das war auch Ende Oktober an einem windigen Sonntagabend nicht anders. (Und das wird auch bei der Silvesterparty, bei der erst Bochum läuft und ganz viel Bier aus dem Zapfhahn auf der Bühne und dann anschließend für die Gäste hoffentlich auch im Partykeller – oder wie heißt das bei Theatern?)

Die Begeisterungsfähigkeit des Publikums (eh legendär, verglichen mit der mentalen die-Arme-verschränkt-Haltung-kommt-erst-mal-auf-mich-zu-Denkweise aus anderen, etwas arroganteren Städten) und die Spielfreude des Ensembles ergeben gemeinsam einen unterhaltsamen Abend, der sich auch stille Momente traut und diese kreieren kann.

Aber wer wohnt schon in Düsseldorf?

Die Geschichte klingt sehr nach Nummernrevue, das machte mich erst mal skeptisch. Lotte muss ihre Eckkneipe schließen. Das Haus wird abgerissen, macht Platz für den Strukturwandel. Am letzten Abend blicken ihre Stammgäste auf die letzten 29 Jahre zurück. Irgendwann sie dann auch. Wie es sich in einer Kaschemme gehört, läuft die Musik, die alle kennen. Die kommt vom Herbert. Und die Instrumente spielen die Her Birds. 

Aber die Charaktere nehmen doch Gestalt an, die mysteriöse Wirtin, der Pullover um die Schulter geschlungen tragende Arzt, das Paar, das erst war, dann nicht mehr war und jetzt wieder ist, der einsame Clown. Alle erinnern sich an Höhen und Tiefen. Sogar Fußball kommt vor, aber wie es sich für Bochum gehört, eher die Tiefen.

Natürlich werden die Figuren übererklärt, aber manche Aspekte sind toll getroffen. Gerade auch Kleinigkeiten in der Ausstattung machen das aus. Etwa wenn die Wirtin Lotte nach Schicht in die bequemen Relax-Treter schlüpft, oder die schlecht gefärbten Haare von Sandra, oder das Outfit von Ralf: kariertes Hemd Hausmarke Karstadt oder so, Sneakers, die mal cool waren, Ohrring. Da war ganz viel Liebe zum Detail am Werk.

Die musikalischen Arrangements können überraschen, selbst Grönemeyer-Fans. Einige der Titel hat man so noch nie gehört. Und da kullern dann wirklich Tränen, weil die Lieder auf diese Weise neue Zusammenhänge herstellen. Wenn man „Hebbet“ so langsam hört oder auf einmal als Punkrock, ist das etwas ganz Anderes. 

Es ist ok. Bleibt alles anders.

Gern hätte ich diesen Blogpost bebildert, leider gibt es aber keine kostenfreien Pressebilder des Schauspielhauses Bochum. 

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